Aufführungen:
22., 24., 29. September und 01., 02., 06., 08. Oktober
Noah Haidle
Zwei Schwestern erzählen sich Witze. Neben ihnen liegen die Leichen ihrer Eltern, und draußen herrscht Krieg.
Doch die Witze sind gut, und weil die jungen Frauen schon dabei sind, spielen sie sich gegenseitig die letzten Worte ihrer Eltern vor. Die Worte des skrupellosen Vaters, eines Königs, der sein Land in den Krieg führte, und der Mutter, die ihren Töchtern Mimi und Woden den „Skin Deep Song“ vorsang, um ihnen die Furcht vor der Finsternis zu nehmen.
Da steht Hal vor ihnen, ein junger Mann in Uniform, der desertiert ist und am Geburtstag des Vaters vor einem Jahr mit Mimi tanzte …
Skin Deep Song erzählt die Geschichte von zwei verlassenen Schwestern, über das Ende einer Welt, in der die beiden die Lücke, die ihre Eltern hinterlassen haben, mit Witzen und Spielen von Leben und Tod füllen. Und über einen alten Mann mit Krone, einen Nachfahren von Shakespeares Lear, der auf die Trümmer seines ehemaligen Reiches blickt.
Mit Witz und viel Liebe für seine Figuren erzählt Paul Fuchs Noah Haidles Endzeitmärchen, immer auf der Gratwanderung zwischen Komik und Tragik, in einer Welt, die uns in gleichem Maße surreal und vertraut erscheint. Ein Song, der tief unter die Haut geht.
22., 24., 29. September und 01., 02., 06., 08. Oktober
20:00 Uhr
ca. 90 Minuten, eine Pause
10,– € | 6,– € ermäßigt
Karten können Sie hier reservieren
Buchhandlung Carolin Wolf
Hoheneggerstr. 6, Bruchsal
Hirsch-Apotheke
Bahnhofstr. 8, Bruchsal
Woden: Paula Weinobst
Mimi: Linn Schuster
König: Benedikt Geißler
Königin: Mona-Selina Gulyas
Hal: Simon Bernhardt
Ex-König: Volker Langenbacher
Butler/Soldat/Attentäter: Jannis Grüning
Paul Fuchs
Exil Theater Bruchsal eröffnet neue Spielzeit mit „Skin Deep Song“
Nichts ist tröstlicher als alte Witze. Es sind zwei Mädchen, kahlköpfig, mit schwarzen Ringen unter den Augen, die sich diese Witze erzählen, die sie lachen lassen. Während sie über den Leichen ihrer Eltern sitzen. Seit einem Jahr. Ermordet, weil ihr Vater als König unzählige Menschen in den Krieg, in den Tod geführt hat. Sie erzählen sich diese Witze, weil sie damit vergessen oder Erinnerungen wachhalten wollen. „Skin Deep Song“ ist ein außergewöhnliches Theaterstück, mit dem das Exil Theater Bruchsal jetzt die neue Spielzeit eröffnet hat. Inszeniert von Paul Fuchs, intensiv, eindrucksvoll und emotional, dass man es aus dem Theater mitnimmt. Tief in sich drin behält.
Das liegt auch an den beiden Hauptdarstellerinnen Paula Weinobst (Woden) und Linn Schuster (Mimi), die eins sind mit den Schwestern. Verloren und doch vereint, traumatisiert und doch realistisch, kindlich-naiv und doch erwachsen wirken sie. Scheinen locker-leicht über die Bühne zu schweben. Ein fantastisches Spiel.
Immer wieder flüchten sich die Schwestern in die Vergangenheit, spielen Szenen aus dem Leben der Familie nach. Lassen den Vater als König lebendig werden, der zwar einen perfekten Hüftschwung und Schimpfwörter beherrscht, aber unfähig scheint zu lieben, unfähig seinen Töchtern nahe zu sein. Benedikt Geißler gibt seinem König etwas Nerohaftes, größenwahnsinnig als Kriegstreiber im Glauben an die eigene Unsterblichkeit.
Dagegen hat die Königin (Mona-Selina Gulyas) keine Chance, bleibt trotz aufmüpfiger Tattoos an den Beinen in seinem Schatten als unglückliche Mutter zurück.
Auch in den ersten Tanz mit Verehrer Hal (Simon Bernhardt) tauchen die Schwestern ein. Immer wieder verschwimmen Gegenwart und Vergangenheit, echte Gefühle und gespielte Emotionen, Sanftmut und Wut in der dunklen Komödie desUS-Amerikaners Noah Haidle.
Und dann ist da noch der alte König, der Großvater der Schwestern. Im gestreiften Strampler mit Burger-King-Krone ein wunderbar der Welt entrückter Volker Langenbacher. Er ist auf der Suche nach der Liebe seines Lebens, sagt er. Doch er kann die Bushaltestelle nicht finden. Ein Leichtes für Woden, in die Rolle des Busfahrers zu schlüpfen. Die Reise durch eine Welt beginnt, die gemacht ist, um sie zu lieben. Auf der es so vieles gibt, was man lieben kann. Das weiß der alte König ganz genau und Volker Langenbacher bringt das mit solch kindlicher Leichtigkeit von den Lippen, dass es zu Tränen rührt. Er ist es, der den Schwestern den Mut gibt, die Eltern loszulassen, im Jetzt anzukommen. Was sich beeindruckend im Wandel ihrer Sprache und Gestik ausdrückt.
„Niemand kann glücklich sein bis ans Ende seiner Tage“, sagt Mimi. „Wir können es versuchen“, entgegnet Woden. Der Nebel zieht von der Bühne. Die Sonne zieht auf. Jeden Tag, wie der alte König weiß. Die Inszenierung von Paul Fuchs geht weit tiefer als nur „Skin Deep“, bis unter die Haut; sie trifft ihr Publikum bis ins Mark. Und sie macht Hoffnung auf Glück, Liebe, die wichtigen Dinge des Lebens.